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Analyse

Metaverse: Welche rechtlichen Fragen erwarten uns?

Blockchain, Web3 und das Metaverse sind jetzt, was vor einigen Jahren noch Smartphones, Cloudtechnologie und das Web 2.0 waren. Die neuen Standards und Trends bringen neue Rechtsfragen, mit denen sich Unternehmen beschäftigen müssen.

Von Dr. Alexander Schmid
5 Min.
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Die Idee eines Metaverse beschäftigt derzeit nicht nur diverse Unternehmen, sondern auch Behörden und deren Verantwortliche. (Foto: Shutterstock/ Dkoi)

Das Jahr 2021 startete mit einem Knall, als ein digitales Bild für rund 69 Millionen US-Dollar versteigert wurde und Non-Fungible-Token (NFT) dadurch salonfähig wurden. Im Oktober gab Facebook dann bekannt, zukünftig unter dem Namen Meta zu firmieren.

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Während sogenannte MMORPG (Massively Multiplayer Online Role-Playing Games) wie „World of Warcraft“, „Minecraft“ oder „Fortnite“ bereits heute Millionen an monatlich aktiven Spielern begeistern, wird das Metaverse zukünftig auch außerhalb von Spielewelten präsent sein. „Second Life“ hatte es in den 2000ern bereits vorgemacht und war seiner Zeit voraus. Heute sind es virtuelle Welten wie Decentraland, die zeigen, was möglich ist: Live-Events wie Konzerte und Kunstausstellungen, Tagungen und Geschäftsbesprechungen finden bereits in virtuellen Welten statt.

Dies ist aber nur der Anfang des sogenannten Web3, das insbesondere durch die Tokenisierung von virtuellen Gütern mittels der Blockchain und durch die Virtualisierung von Inhalten in 3D-Welten geprägt ist. Zukünftig werden wir etwa in virtuellen Shopping-Malls digitale und reale Konsumgüter einkaufen, werden in virtuellen Bibliotheken für Studienarbeiten recherchieren und in virtuellen Clubs tanzen. Das mag nach Dystopie, zumindest aber nach Science-Fiction klingen, ist aber genauso unaufhaltsam wie seinerzeit das Internet selbst.

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Das Metaverse wirft eine Reihe an Rechtsfragen auf

Während sich im Web1 („lesen“, Websites) noch allgemeine Rechtsfragen wie Impressumspflichten und urheberrechtliche Anforderungen bei der Verwendung fremder Bilder stellten, spielen im Web2 („lesen und schreiben“, beispielsweise Social Media) insbesondere datenschutzrechtliche Aspekte und Rechtsfragen rund um Persönlichkeitsrechte eine zentrale Rolle. Themen wie die Vererblichkeit von Nutzerkonten oder Rechtsansprüche gegen Kommentare auf Bewertungsportalen waren im Web1 noch irrelevant, da es dort noch keine Inhalte gab, die von Nutzern geschaffen wurden. Im Web3 werden zukünftig nun nicht nur Texte und Bilder von Nutzern geteilt, sondern auch virtuelle Gegenstände erschaffen und von den Nutzern gehandelt. Das wirft eine Reihe ganz neuer Rechtsfragen auf oder intensiviert zumindest die bekannten rechtlichen Herausforderungen.

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Neu sind etwa Rechtsfragen rund um blockchainbasierte Token wie NFT und die Frage, ob es Erlaubnis- und Prospektpflichten für den Handel von digitalen Gütern im Metaverse gibt. Im Design- und Markenrecht stellt sich die Frage, was es zu beachten gilt, wenn reale Gegenstände wie Sneaker im Metaverse als 3D-Objekte modelliert und virtuell getragen werden. Steuerrechtlich interessant ist dagegen, wie Einnahmen aus der Vermietung von virtuellem Land zu behandeln sind. Das allgemeine Zivil- und Strafrecht spielen im Web3 spätestens dann eine wichtige Rolle, wenn es zu Streitigkeiten zwischen den „Bewohnern“ des Metaverse kommt. Das Datenschutzrecht bleibt schließlich ebenfalls ein Dauerbrenner, und für die Akzeptanz des Metaverse in der breiten Masse ist es äußerst relevant.

Allen voran stellt sich aber die Frage, welches Recht überhaupt gilt in einem virtuellen, international vernetzten Paralleluniversum. Neben dem Recht des Herkunftslandes des Betroffenen, dem Recht des Plattformbetreibers oder internationalen Vereinbarungen wie dem UN-Kaufrecht können die Rechtsbeziehungen zwischen den „Metaversianern“ auch auf vertraglicher Grundlage geregelt werden, etwa in einem Metaverse-Nutzungsvertrag, den jeder Nutzer akzeptieren und einhalten muss.

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Rechtsfragen rund um tokenisierte Rechte und NFT

Neu ist, wie bereits erwähnt, etwa die Möglichkeit, Rechte an virtuellen Gütern in Form von blockchainbasierten Tokens zu verkörpern und dadurch digitale Gegenstände wie virtuelles Land zu kaufen und zu handeln. Natürlich gab es in Computerspielen schon immer virtuelle Gegenstände, die man sich beziehungsweise seiner Spielfigur „kaufen“ konnte – wer denkt hier nicht an „Die Sims“? Die Tokenisierung von Gegenständen unter Anwendung der Blockchain kommt nun zum ersten Mal aber dem nahe, was wir in der realen Welt als Eigentum verstehen: die Schaffung eines einmaligen, nicht beliebig reproduzierbaren Vermögenswerts. Ob blockchainbasierte Token wie NFT tatsächlich Eigentum im Sinne des Rechts sein können oder die eigentumsrechtlichen Vorschriften des BGB zumindest entsprechend auf Token anwendbar sind, wird heute noch heiß diskutiert und ist noch nicht entschieden. Eine dahinterstehende Frage könnte lauten: Gibt es beispielsweise ein virtuelles Hausrecht, wenn sich andere Benutzer ohne meine Erlaubnis auf meinem Grundstück im Metaverse aufhalten?

Aus urheberrechtlicher Sicht ist dagegen besonders wichtig, dem Käufer transparent mitzuteilen, welche Rechte er mit dem Kauf eines digitalen Gegenstandes genau erwirbt und welche Nutzungsbeschränkungen bestehen. Dazu bieten sich Standard-NFT-Lizenzen an. Zudem können sich beim Angebot und dem Handel von NFT etwa finanz- und wertpapierrechtliche Erlaubnis- und Prospektpflichten ergeben.

Datenschutzrechtliche Aspekte

Das Datenschutzrecht ist dagegen ein juristischer Dauerbrenner, dem im Metaverse schon deswegen eine hohe Priorität einzuräumen ist, da das Vertrauen in unterschiedlichste digitale Plattformen in den letzten Jahren aufgrund von Datenlecks und Datenschutzverstößen immer wieder Rückschläge einstecken musste. Der Entschluss, sich im Metaverse zu registrieren, dort einen Teil seiner sozialen Interaktion stattfinden zu lassen und auch echtes Geld für virtuelle Gegenstände auszugeben, erfordert aber gerade Vertrauen. Das Datenschutzrecht kann hierfür ein Schlüsselelement sein und muss daher von Unternehmen, die im Metaverse tätig sind, mit hoher Priorität behandelt werden.

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Bei der Umsetzung der datenschutzrechtlichen Pflichten ist aber ein Umdenken erforderlich. Ebenso wie das Web3 nicht mehr von statischen/zweidimensionalen Websites geprägt ist, haben seitenlange Datenschutzerklärungen im Web3 ausgedient. Zwar werden dem Nutzer zum Zeitpunkt der Registrierung bestimmte Grundinformationen angeboten werden müssen, wie Informationen über den Verantwortlichen der Plattform, bestehende Betroffenenrechte und einiges mehr. Diese Grundinformationen müssen aber durch situationsabhängige Kurzinformationen während der Nutzung ergänzt werden. Betritt ein Nutzer beispielsweise ein virtuelles Kaufhaus, sollte diesem durch einen kurzen Informationstext oder durch eine leicht verständliche Symbolik erläutert werden, mit welcher Datenverarbeitung durch den Betreiber des Kaufhauses zu rechnen ist. Nur so können von den Nutzern informierte Entscheidungen in multilateral vernetzten Welten wie dem Metaverse getroffen werden und Nutzer können weiterhin die Kontrolle über ihre Daten behalten.

Zudem werden im Metaverse zahlreiche sensible Daten verarbeitet, die unter die Kategorie der „besonderen Arten personenbezogener Daten“ fallen können. Gemeint sind damit zum Beispiel Gesundheitsdaten oder Daten über die Herkunft eines Nutzers. Virtual-Reality-Headsets werden zudem mit einer Reihe an Sensoren ausgestattet sein, die einerseits die Umgebung des Nutzers in der realen Welt erfassen. Darunter fallen etwa Daten von 3D-Kameras, Lidar-Sensoren, Mikrofone oder Näherungssensoren. Andererseits können Sensoren aber auch auf den Nutzer selbst gerichtet sein und beispielsweise die Mimik erkennen. Diese Daten sind besonders schützenswert und dürfen nicht zweckentfremdet werden.

Schließlich spielt auch die allgemeine IT-Sicherheit im Metaverse eine zentrale Rolle. Je populärer das Metaverse wird, desto mehr wird es auch in das Fadenkreuz von Hackern geraten. Vorfälle wie Log4j zeigen, welche Auswirkungen Sicherheitslücken oder nicht ausreichend sicher konfigurierte Systeme und Anwendungen in einer ubiquitär vernetzten Welt haben können.

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Recht und Technik gehen Hand in Hand

Das Metaverse ist nicht mehr wegzudenken und wird auf lange Sicht zahlreiche traditionelle Internetangebote ablösen oder zumindest ergänzen. Das wirft schon heute verschiedenste Rechtsfragen auf, denen durch rechtskonforme Technikgestaltung Rechnung getragen werden muss. Hierfür ist es erforderlich, dass Juristen und Informatiker gemeinsam an den Herausforderungen des Metaverse arbeiten und das Recht bereits ab der ersten Zeile Code berücksichtigen.

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